Rowing Matters

Aus dem Training eines Freizeit-Ruderers: Ein Blog über Training, Rudertechnik und Ausrüstung.

Mein eigenes Boot: Ein LiteRiver von Liteboat

Seit einigen Wochen bin ich stolzer Besitzer eines LiteRiver von Liteboat! Also höchste Zeit für die Erweiterung – und Korrektur – meines Eindrucks der früheren Probefahrt.

Thilo

Lesezeit: 7 Minuten

Mein LiteRiver von Liteboat

Seit einigen Wochen bin ich stolzer Besitzer eines LiteRIVER (Carbon L) von Liteboat ! Also höchste Zeit für die Erweiterung – und Korrektur – meines Eindrucks der früheren Probefahrt.

Fahrverhalten

Beginnen wir mit dem wichtigsten: dem Fahrverhalten. Nach meiner Probefahrt sagte ich, das Boot würde sich einem Rennboot sehr ähnlich anfühlen. Das muss ich in Teilen revidieren. Bei der Probefahrt auf ungewohntem Terrain habe ich mich da wohl etwas verschätzt. Das Boot ist kürzer (5,6 m), breiter (60 cm) und schwerer (18,5 kg) als ein Renneiner und das merkt man natürlich:

  • Es ist 60 cm breit – damit spielt es in der Liga der Gig-Boote. Es fühlt sich nicht wirklich nach Gig-Boot an, aber es liegt schon stabiler.
  • Es ist 5,60 lang, also deutlich kürzer als ein Renneiner. Das reduziert nicht nur die theoretische maximale Geschwindigkeit, sondern das spürt man auch ganz praktisch. Das Boot ist langsamer bzw. verliert in der Gleitphase schneller an Fahrt.

Das kling nun erst einmal nicht so toll. Und ich muss zugeben, nach meiner ersten Fahrt in heimischem Gewässer an der Roseninsel in Bad Kreuznach war ich etwas enttäuscht. Ich war deutlich langsamer als sonst, obwohl ich mich sehr angestrengt habe. Sonst habe ich in meinem üblichen Renneiner bei meinen heimischen Ausfahrten eine Durchschnittsgeschwindigkeit von 2:50 min/500m, mal ein paar Sekunden schneller, aber auch mal 5 Sekunden langsamer. Mit dem LiteRIVER waren es über 3:10 min/500m. Durch das höhere Gewischt bin ich am nächsten Morgen mit einem dicken Muskelkater im Rücken aufgewacht.

Aber - mit etwas Gewöhnung

Das Boot ist kein Rennboot und wird auch keines werden. Durch die »fehlende Länge«, gleitet es weniger. Das kann man durch Schlagfrequenz kompensieren. Im Renneiner bin ich ein Freund der ruhigen Schläge. Ich bin üblicherweise mit 20 Schlägen pro Minute unterwegs. Wenn ich mit dem LiteRIVER 23 Schläge pro Minute fahre, sieht die Sache schon ganz anders aus:

  • Wie gesagt, im Renneiner bin ich mit ca. 2:50 min/500m und Schlagzahl 20 unterwegs.
  • Mit dem LiteRiver und Schlagzahl 20-21 waren es immer mindestens 3:10 min/500m.
  • Mit Schlagzahl 23 im LiteRiver war ich schon deutlich unter 3 min/500m.
  • Bei meiner letzten Fahrt hatte ich eine durchschnittliche Schlagzahl von 24 und eine Geschwindigkeit von 2:55 min/500m. Ok – ich war am Ende vollkommen fertig. Aber die Geschwindigkeit wird langsam.

Der Hersteller nennt übrigens 5-8 Knoten als Durchschnittsgeschwindigkeit. Also 9,26 bis 14,816 km/h oder 3:14 – 2:01 min/500m.

Meine Angaben zur Geschwindigkeit und Schlagzahl beruhen übrigen alle auf den Aufzeichnungen meiner Garmin Fēnix 5.

Mein bisheriges Fazit ist also: Alles schön weich einstellen und hoch drehen. Das ist nicht ganz mein bevorzugter Ruderstiel, aber ok.

Das Heck ist nicht spitz. Ich bin mir unsicher, ob man hier von einem breiten Spiegel spricht, aber im Prinzip ist es das. Das führt dazu, dass man den Strömungsabriss beim Setzen gut sehen kann. Das hilft, das Timing beim Einsetzen zu kontrollieren – was natürlich der Geschwindigkeit zugute kommt. Wie ich schon beim letzten Mal festgestellt habe, liegt das Boot mehr auf dem Wasser. Das spürt man ganz deutlich beim Ablegen und Wenden. Das heißt auch, dass das Boot sehr leicht gestoppt werden kann. An mir habe ich beobachtet, dass die Technik beim Ausheben, noch wichtiger ist als sonst.

Update nach 600 km Rudern (16.03.2019)

Ich bin inzwischen über 600 km mit dem Boot gefahren, überwiegend in Bad Kreuznach an der Roseninsel, meist 20 km pro Training. Also dasselbe Programm wie ich es vorher - und auch jetzt noch öfter - im Renneiner absolviere. Daraus ergibt sich eine interessante Möglichkeit für einen Vergleich:

  • Mit meinem LiteRIVER habe ich eine »durchschnittliche Durchschnittsgeschwindigkeit« von 3:05 min/500m. Mit dem Renneiner sind es 2:54 min/500m.
  • Die Schlagzahl im LiteRIVER war durchschnittlich 23 Schläge/min, mit dem Renneiner 20 Schläge/min.

Wenn man die Werte noch etwas schöner reden wollte, könnte man aufführen, dass ich im Renneiner eher unter guten Bedingungen rudere, während der LiteRIVER jetzt viel Herbst und Winter erlebt hat. Aber ich denke, dass macht nicht so viel aus.

Es zeigt also, dass ich meine Fahrweise angepasst habe und damit dann ca. 10 s/500m langsamer als im Renneiner bin. Dafür in einem Boot mit anderen Vorzügen.

Zum Boot

Mein LiteRiver von Liteboat in Böcken.
Mein LiteRiver von Liteboat in Böcken.

Rollsitz und Rollbahn

Ich habe einen höhenverstellbaren, gepolsterten Sitz! Das klingt zunächst mal sehr komfortabel. Ich habe mir den Sitz auf die niedrigste Höhe eingestellt. Gefühlt sitze ich auch damit sehr hoch über dem Wasser. Die Polsterung ist nett, aber ehrlich: da das Boot schwerer ist, tut mir auch damit der Hintern weh. Was mir hingegen echt gut gefällt, ist die große Spurbreite der Rollbahn. Ich gehöre sicher nicht zu den Ruderern, die die Rollbahn möglich weit weg von ihren Waden stellen. Mich stört es auch nicht, wenn die Waden auf der Rollbahn liegen. Aber hier ist die Spurbreite so groß, dass die Waden ganz bequem dazwischen liegen. Sicher kein Kaufkriterium, aber sehr nett!

Schuhe

Das Boot wurde mit Ruderschuhen von Active Tools geliefert. Ich denke, darüber schreibe ich noch einmal gesondert.

Transport auf dem Autodach

Mein Literiver auf dem Auto.
Mein Literiver auf dem Auto.

Eines der großen Vorteile ist, dass das Boot kurz genug ist, um auf dem Autodach transportiert werden zu dürfen. Mein Auto ist 4,5 m lang, das Boot 5,6 m. Damit sollte es hintern also 1,1 m überragen.

Ich habe das Boot selbst beim Händler abgeholt. Ich war sehr gespannt, wie es passt. Und was soll ich sagen: es passt super. Wir haben es ganz einfach – Bug nach vorne – auf den Dachgepäckträger gelegt. Kein Keil, kein Holz, kein Klotz, kein gar nichts. An den Dachträgern jeweils mit einem Gurt gebunden, fertig. Mit dem Überstand kann man nicht nur legal unterwegs sein, sondern auch Parken auf dem Rasthof und ähnliches sind kein Problem.

Eine kleine Anekdote am Rande: Auf dem Heimweg mit Boot ist mir 1-2 Mal schwer das Herz in die Hose gerutscht. Ich habe ein großes Schiebedach im Auto, sodass ich das Boot immer sehen konnte. Im Gegensatz zum Bootstransport mit Hänger ist das schon sehr fein – aber auch ungewohnt. Durch die tiefstehende Sonne gab es diverse Reflexionen und Schatten auf dem Boot. Die bewegen sich aber natürlich mit der Bewegung des Autos. Bei einem flüchtigen Blick sieht das aus, als wäre das Boot total lose.

Bisheriges Fazit

Zugegeben, nach den ersten Fahrten war ich etwas enttäuscht. Aber nach einer ersten Anpassung meines Ruderstiels sieht die Welt schon besser aus. Dafür habe ich ein Boot:

  • das bei mir in die Garage passt,
  • das ich auf dem Autodach transportieren kann,
  • mit dem ich auch in raueren Revieren mit Wellen rudern kann,
  • mit dem ich auch in einem Rennboot-Revier durchaus überholen kann.

Das Boot ist quasi immer ein Kompromiss, aber sicher kein schlechter.

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Offenlegung: Dies ist ein privater Blog, in dem ich meine persönliche, private Meinung ausdrücke. Der Artikel ist unabhängig verfasst und unterliegt keinerlei Vorgaben Dritter. Ich erhalte keinerlei finanzielle Anreize durch die Veröffentlichung dieses Artikels. Sofern ich die hier vorgestellten Produkte selbst getestet habe, habe ich sie mir auch selbst gekauft und nutze sie privat.

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