Rowing Matters

Aus dem Training eines Freizeit-Ruderers: Ein Blog über Training, Rudertechnik und Ausrüstung.

Ich gebe es ungern zu, aber Rudern hat auch Nachteile

Ich spüre gerade wieder am eigenen Leib, dass Rudern im Vergleich zu anderen Wassersportarten seine unangenehmen Eigenheiten hat, die nicht ganz offensichtlich sind.

Thilo

Lesezeit: 4 Minuten

Fast traumhafte Bedingungen hinter dem Haus - würde man nicht rudern.

Die Welt könnte so schön sein…

Als Ruderer kann ich mich gerade glücklich schätzen: Ich verweile an der Friesischen Seenplatte. Laut Holland.com besteht diese »aus 35 Seen mit einer Gesamtoberfläche von 9300 Hektar«. Um das zu nutzen, habe ich meinen LiteRIVER dabei und wohne sogar direkt am Wasser. Hinter dem Haus gibt einen Bootsliegeplatz für mich allein. Was möchte man mehr?

Ruderer sind hier die Ausnahme. Hauptsächlich sind Segel- und Motorboote unterwegs. Es gibt auch wenige Kanuten und Surfer. Die meisten sind sehr freundlich. Es wird gegrüßt, gewunken und auch ein wenig gestaunt. Immerhin ist das Ruderboot bei glattem Wasser vergleichsweise schnell - also so schnell wie die Motorboote fahren dürfen. Die Geschwindigkeit führt dann auch zu einem entsprechend großen Aktionsradius. Gleichzeitig wird das Ruderboot eher als »Spielzeug« wahrgenommen. Man bewegt sich mit eigener Muskelkraft und ist Wind und Wetter ausgesetzt und das Boot ist vergleichsweise winzig. Es wirkt fast wie etwas, das man bei Decathlon könnte (womit ich in keinster Weise gegen Decathlon wettern möchte).

… wenn das Wörtchen »wenn« nicht wäre.

Leider wurden mir hier auch wieder einige Nachteile des Ruderns bewusst:

Das Ablegen

Wie gesagt, ich verfüge z.Z. über einen Bootsliegeplatz direkt am Haus. Leider ist der für Segelboote oder auch Motorboote gemacht. Bei den Nachbarn liegen hauptsächlich die Friesland-typischen Jollen. Die Wasseroberfläche ist einen guten halben Meter unter der Uferkante. Segler können fast eben auf ihre Bordwand steigen. Für mich als Ruderer ist das Ablegen kaum möglich. Durch den Ausleger liegt das Boot nicht direkt am Ufer. Uferseitig habe ich beim Einsteigen kein stützendes Ruder. Und für das wasserseitige Ruder habe ich eigentlich keine Hand frei, da ich mich am Ufer festhalten muss. Bisher hat mir meine Frau beim Ein- und Aussteigen geholfen - ich bin ihr dankbar, aber es fühlt sich schon hilflos an.

Ein solches Problem haben andere Wassersportlicher vermutlich nicht. Für einen Kanuten wäre die Höhe hinderlich, aber vermutlich kein Problem. Größere Boote könnten hier nicht einfach eingesetzt werden, aber Einsteigen können alle.

Das Manövrieren durch den Kanal

Der Kanal hinter dem Haus ist schätzungsweise acht Meter breit. Die eine Seite ist für Anwohner reserviert. Die andere Seite wird von Tagesgästen genutzt, die oftmals Essen oder Einkaufen möchten oder über Nacht festmachen. Der Kanal ist eine Sackgasse, Durchgangsverkehr gibt es keinen.

Also wieder eigentlich Bedingungen, die das Wassersportler-Herz höherschlagen lassen. Aber auch wenn das Ruderboot noch so schmal ist, der Kanal ist für mich einfach nur eng. Ich muss zielen und dann mit Schwung und »Ruder-lang« zwischen den Booten durch. Gut, dass es meist Lücken zum Zielen und Schwungholen gibt.

Unsere Ruderboote sind vergleichsweise klein und schmal. Aber wenn wir die Ruder nicht ausbreiten können, stehen wir schnell hilflos da (oder liegen gar im Wasser). Mit Rudern haben wir schnell eine Spannweite von mehr als fünf Metern. Das wird nicht nur von Tretbootfahrern gerne unterschätzt. Auch dieses Problem besteht wieder nur für uns Ruderer. In den Kanal trauen sich auch große Yachten und Plattbodenschiffe.

Da bin ich froh, dass ich für sehr kurze Ruder mit großen Blättern entschieden habe. Ich fahre aktuell eine Ruderlänge von 2,77 Meter. Da spare ich fast 20 cm auf andere Ruder - hier bin ich oft froh, um jeden Zentimeter.

Nicht falsch verstehen: Ich rudere gerne und Friesland ist auch großartig

Dass ich die Sportart Rudern sehr mag, dürfte den Lesern dieses Blogs klar sein. Sonst würde ich schließlich nicht so viel Zeit damit verbringen. Ich bin auch gerne in Friesland. So viel Wasser in allen Größenordnungen ist toll. Wenn ich hier rudere, stehen mir so viele Wege und Richtungen offen. Das ist einmalig!

Was ich hier sagen möchte: Wir Ruderer sind oftmals eine kleine Minderheit, die aber besondere Anforderungen hat. Wir tun uns furchtbar schwer damit, einen guten Platz zum An- und Ablegen zu finden. Selbst dort, wo jemand mit besten Absichten eine Anlegestelle gebaut hat. Und dann wirken unsere Boote so klein und zierlich. Leider sind wir schnell aufgeschmissen, wenn wir unsere Ruderer nicht ausbreiten können. Und damit sind wir oftmals breiter als so manche Yacht.

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Ich rudere nicht nur, ich blogge auch darüber. Wenn ich nicht trainiere, habe ich nichts zu schreiben...